Weltweit erste lokal CO2-neutrale Wärmebehandlung mit Wasserstoff bei Bilstein
Das nordrhein-westfälische Unternehmen mit Sitz in Hagen ist vor allem für seinen Präzisionsbandstahl und das Kaltwalzen bekannt. Dabei handelt es sich um einen Umformprozess, bei dem das Vormaterial – ein warmgewalztes Stahlband – schrittweise in seiner Dicke reduziert und damit weiter verfestigt wird. Um die Verformbarkeit wieder zurückzugewinnen, erhält das Material anschließend eine Wärmebehandlung in einer sogenannten Haubenglühe. Hier werden mehrere Coils Kaltband unter einer Heizhaube gestapelt und auf Temperaturen zwischen 500 und 800 Grad Celsius erhitzt. Dieser als „Glühreise“ bezeichnete Vorgang kann je nach gewünschten Materialeigenschaften mehrere Tage dauern. In der Regel findet das unter Verwendung von Erdgas statt, der nun durch Wasserstoff ersetzt werden konnte.
Hohes Einsparpotenzial von CO2
„Wasserstoff spielt bei der Dekarbonisierung eine tragende Rolle, weil der Energieträger in einer Vielzahl industrieller Prozesse eingesetzt werden kann“, betont Dirk Leuer, Leiter Regionalvertrieb Mitte bei Westfalen. „Wir freuen uns, dass wir die Bilstein Group bei dem Pilotprojekt unterstützen und so die Tür zu einer zunehmenden Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen weiter öffnen konnten.“
Bei dem Versuch, dem zwei Jahre Forschungs- und Entwicklungsarbeit vorausgingen, wurde eine Heizhaube mit elf Brennern und 1.800 kW Wärmeleistung von Erdgas- auf Wasserstoffbetrieb umgestellt – und das ohne Leistungseinbußen. Statt CO2 kam aus dem Schornstein lediglich Wasserdampf. Christian Hagenkord, Leiter Nachhaltigkeitsprojekte und Energieversorgung bei der Bilstein Group, über den Erfolg: „Vom Zünden der Brenner bis zum Ende des Prozesses haben wir kein einziges Gramm Erdgas verbrannt und hervorragende Prozessparameter erzielt. So konnten wir allein bei diesem Versuch lokal rund 3.700 kg CO2 einsparen.“ Auf ein ganzes Jahr gerechnet ergebe sich so bei einer Produktionsmenge von 500.000 Tonnen Kaltband ein Einsparpotenzial von etwa 25.000 Tonnen CO2 – eine Menge, die in Deutschland rund 2.300 Menschen jährlich verbrauchen.
H2-ready in eine klimafreundliche Zukunft
Da der volumetrische Heizwert von Wasserstoff nur ein Drittel des Heizwerts von Erdgas beträgt, kamen im Rahmen des Versuchs statt 1.870 m³ Erdgas rund 5.600 m³ Wasserstoff zum Einsatz, um die etwa 100 Tonnen Kaltband über mehrere Stunden bei 710 Grad zu glühen. Stefan Rödl, Kundenberater Gase bei Westfalen, erläutert: „Das ist zwar eine recht große Menge, doch aufgrund einer sehr guten Planung konnten wir den Wasserstoff in einem entsprechenden Trailer bereitstellen, der so direkt in die Rohrleitungssysteme der Haubenglühe geleitet werden konnte.“ In der Spitze strömten pro Stunde über 600 m³ Wasserstoff direkt aus dem Trailer in das Werk der Bilstein Group.
Noch sind die Produktionskapazitäten für klimafreundlichen grünen Wasserstoff in und um Europa nicht groß genug, um die Industrie ausreichend versorgen zu können. Doch das Pilotprojekt zeigt: Wasserstoff stellt auch in der Stahlverarbeitung einen zukunftsfähigen Energieträger dar. Und so erklärt der technische Geschäftsführer der Bilstein Group, Michael Ullrich, auch das Ziel für Bilstein: „Wir wollen ‚H2-ready‘ sein, sobald der erste grüne Wasserstoff hier bei uns im Lennetal ankommt.“
Über die BILSTEIN GROUP
Die familiengeführte BILSTEIN GROUP bündelt umfangreiche internationale Expertise in der Herstellung und dem Vertrieb von technischen Lösungen aus kaltgewalztem Bandstahl. Durch die klare strategische und technische Ausrichtung an den Bedürfnissen unserer Kunden ist die BILSTEIN GROUP zu einem der stärksten internationalen Partner der Automobil- und verarbeitenden Industrie im Bereich Präzisionsbandstahl geworden. Zur BILSTEIN GROUP gehören die Produktionsunternehmen BILSTEIN (DE), HUGO VOGELSANG (DE), BILSTEIN CEE (CZ) und BILSTEIN COLD ROLLED STEEL (USA). Als Familienunternehmen sind wir fairen und langfristigen Partnerschaften mit unseren Kunden, Mitarbeitern und Partnern verpflichtet. Seit 1911 sorgen wir mit modernster Anlagentechnik und zukunftsweisenden Fertigungsprozessen bis hin zur Entwicklung des CO2-neutralen Kaltbandes für kompromisslose Nachhaltigkeit – hocheffizient und mit dem Blick für das Wesentliche: das Kaltband von morgen.
Quelle: https://www.westfalen.com/de/de/unternehmen-jobs/newsroom/news-stories/detailansicht/item/meilenstein-fuer-gruene-stahlproduktion